Windows 10: Keylogger und andere Schmankerln

win10_privacy_nightmareZugegeben, ich dachte wirklich kurz darüber nach, hier einen kleinen Beitrag zum Strafanzeige-gegen-netzpolitik.org-Shitstörmchen zu leisten. Aber ich bin ebenso der Meinung, dass das die Leute „da draußen“ nicht so hoch hebt, wie das Wurstblatt mit den vier großen Lettern dick ist.

Da widme ich mich lieber einem anderen Thema. Das wird die Leute „da draußen“ auch nicht anheben, ist aber sehr wahrscheinlich erbaulicher für mich: die perfekte Überwachungssoftware namens „Windows 10“.

Aufmerksame Leser werden erkannt haben, dass ich mich nicht beim Fratzenbuch herum treibe, sondern bei dessen böser, böser (weil freier und dezentraler) Alternative diaspora* lese und auch hin und wieder kommentiere und mitteile. Dort flatterte mir auch eine schöne Übersicht der technischen Schmankerln der verharmlosend „Betriebssystem“ genannten Schnüffel-Software auf den digitalen Schreibtisch.

Ich mache mir mal die kleine Mühe und übertrage ein paar der rot markierten Stellen sinngemäß ins Deutsche.

Windows und Cortana können Deine Stimme und Schreibstil erkennen, um Dir bessere Vorschläge zu machen. Wir werden Informationen sammeln, wie z.B. Kontakte, neue Kalendereinträge, Sprach- und handschriftliche Muster und bisherige Tastatureingaben. Wird diese Funktion ausgeschaltet, dann wird die Spracheingabe und Cortana ausgeschaltet und alles, was das Gerät über Dich weiß, gelöscht.

Das klingt interessant. Den Computer per Sprache steuern, dabei mit einer privaten Firma verbunden zu sein, deren Software Sprachmuster und die Art, wie ich tippe, erkennen kann – das hat was. Besonders interessant ist das vor dem Hintergrund, dass diese private Firma ihren Sitz in den USA hat und zum Beispiel per Gesetz zur Zusammenarbeit mit der NSA verdonnert ist.

Echtzeit-Schutz Der Echtzeit-Schutz hilft dabei, Malware zu finden und von der Installation und Aktivierung auf Deinem Computer abzuhalten. Du kannst diese Funktion zeitweilig ausschalten, doch wenn sie eine Weile ausgeschaltet ist, werden wir sie automatisch wieder einschalten.

Liest sich erst einmal smart, doch steckt der Teufel im letzten Halbsatz. Die manipulieren von außen das System. Als langjähriger Linuxer, der gern weiß, was in seinem System gerade los ist und grundsätzlich selbst am System herum werkelt, stehen mir gerade die Nackenhaare senkrecht.

Gelegentlich werden Vorschläge für Apps und Inhalte ins Startmenü eingeblendet.

Hier werden die gesammelten Daten ausgewertet und in Form von personalisierter Werbung an den Anwender zurück geschickt. Das kennt man ja, wenn man doch einmal vergessen hat, beim Einkauf im Netz den Inkognito-Modus seines Browsers zu benutzen. Schon flattert einem ständig irgend welche Werbepost in den elektronischen Briefkasten, und beim nächsten Besuch wissen die Verkäufer bereits vorher, wonach man suchen wird. Passiert mir auch – pobody is nerfect – mal, aber das spielt sich auf der Ebene des Browsers ab. Dass ich solche Belästigungen über das Startmenü erfahre, würde ich mir von einem Linux verbitten.

Der Benutzer hat die Möglichkeit, ein Benutzerkonto bei Microsoft einzurichten, das bei der Installation des Systems hilfreich sein soll. Natürlich ist dies kein Muss, und es soll auch diverse Hinweise im Netz geben, wie man mit Hilfe der Eingabe kryptischer Befehle in eine ungewohnte Kommmandozeile (also ohne jegliche grafische Hilfsmittel!) die Installation von Windows 10 auch ohne ein solches Winzigweich-Konto hin bekommen kann. Ratsam ist das nicht, denn

Windows ist besser, wenn Deine Einstellungen und Dateien automatisch synchronisiert werden.

Ja klar. Dann gibt es noch die „Dienstleistung“, die Aktivitäten und Tastatureingaben des Anwenders zu verfolgen

Diese Dienste teilen Deine Browser-History [Auflistung aller besuchten Seiten im Netz] und Tastatureingaben mit Microsoft, um Produkte und Dienstleistungen verbessern zu helfen.

Microsoft schneidet die Tastatureingaben mit, wenn man das nicht extra deaktiviert. Also auch Benutzerdaten und Passwörter für diverse Foren im Netz oder für Online-Kaufhäuser, um nur mal zwei Beispiele zu nennen. Sehr interessant. Spannend ist in dem Moment die Frage, ob sie damit auch in der Lage sind, Inhalte von verschlüsselten E-Mails mit zu schneiden. Der unverschlüsselte Text muss ja irgend wie erst mal eingehackt werden…

An der Stelle habe ich vorerst genug gelesen. Wenn Ihr wissen wollt, wieso Microsoft scharf auf Eure Facebook-Freunde ist, wieso die Redmonder Klitsche auch deren und Eure WLAN-Zugangsdaten mit Schlüssel haben will und wieso die Euch nicht um Erlaubnis fragen müssen, an Eure Skype- und Outlook-Daten zu kommen, dann schaut Euch das Bild in Ruhe an.

Ich denke derweil auf der Idee herum, meinem Windows 7, dass gerade ein kümmerliches Dasein in der VirtualBox fristet, eine Frischzellenkur auf Version Zehn zu verpassen. Ich will wissen, ob es wirklich so umständlich ist, sämtliche Dienste in diesem System, die mein Nutzerverhalten ausspionieren, abzuschalten. Tut man das nicht oder sollte es technisch nicht möglich sein (die Home-Version soll da ziemlich kastriert sein, was die Eingriffmöglichkeiten des Anwenders angeht), dann installiert man sich den feuchten Traum der Geheimdienstler – die perfekte Wanze. In Zeiten, in denen Speicherplatz preiswert und Geld zum Ausweiten geheimdienstlicher Aktivitäten scheinbar unbegrenzt vorhanden ist, spielt die anfallende Datenmenge eine eher untergeordnete Rolle.

Es ist auch immer noch so, dass es entweder des direkten physischen Zugriffs (zum Beispiel durch Einbruch) auf den Rechner des Anwenders bedarf, oder eben seiner aktiven Mithilfe. Die Installation von Windows 10 oder der Kauf eines Rechners mit diesem „Betriebssystem“ ist genau die aktive Mithilfe, die sich die Schnüffler wünschen. Computerbenutzer, denen schon ein bloßes Ausprobieren einer Linux-Distribution zu viel Aufwand ist, werden sicher nicht umfangreiche Systemeinstellungen durchforsten und von „empfohlenen“ Vorgaben abweichen. Aber die haben ja eh‘ nichts zu verbergen.